Terror vertreibt die letzten Kopten von der Halbinsel

Al-Arisch – Seit Wochen prägen Mord und Vertreibung den Alltag koptischer Christen am Sinai. Gejagt vom sog. „Islamischen Staat“ (IS) fliehen sie nun zu Hunderten aus den betroffenen Gebieten. Allein in der Stadt Ismailia sind rund 145 Familien eingetroffen, weitere 30 in Kairo.
Hier hat die koptisch-orthodoxe Kirche, zu der die meisten Sinai-Christen gehören, ein Aufnahmezentrum eingerichtet.
„Bereits Monate zuvor haben Attacken fanatischer Gruppen gegen die Christen zugenommen. Die Dschihadisten wollen den gesamten Sinai von Christen säubern und aus der Halbinsel ein neues Eroberungsland machen“, erklärte im Gespräch mit Radio Vatikan der ägyptische Jesuit Samir Khalil Samir, Islamwissenschaftler am Päpstlichen Orientinstitut in Rom. Neben Todeslisten kursiert seit Mitte Februar 2017 zudem ein IS-Video, das weitere Attentate auf Christen ankündigt.
Hoffnungszeichen:
Christen finden Aufnahme bei Muslimen
Seitdem der IS in Syrien und im Irak an Einfluss verliert, ist eine Zunahme des Terrors in Regionen wie dem Sinai zu beoachten. Die ägyptische Regierung unter General Abdel Fattah al-Sisi steht immer mehr unter Druck, da das Militär zuletzt Rückschläge im Kampf gegen die Dschihadisten erlitten hatte. Ein Zeichen der Hoffnung ist, dass christliche Flüchtlinge aus dem Sinai auch bei muslimischen Mitbürgern Aufnahme gefunden haben und der Staat versucht, solche Initiativen zu unterstützen, so Präsident al-Sisi.

Kopten auf der Fluch

Kritik an Merkels Aussagen
Auf politischer Ebene herrscht indes Uneinigkeit darüber, inwieweit Ägyptens Regierung den Schutz der christlichen Bevölkerung garantieren kann. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bescheinigte anlässlich ihrer Reise nach Kairo Anfang März 2017 den koptischen Christen grundsätzlich eine „sehr gute Situation für die Ausübung ihrer Religion“, die gerade in einem muslimisch geprägten Land beispielhaft sei. Gleichzeitig erbat Merkel wirksameren Schutz der christlichen Minderheit vor Attacken fanatischer Islamisten.
Der koptisch-katholische Bischof von Assiut, Kyrillos William, sieht zwar insgesamt eine Verbesserung der Lage der Christen, betont aber, dass koptischen Christen nach massiven Drohungen die Stadt Al-Arisch verlassen mussten und üblen Angriffen ausgesetzt seien. Deutliche Kritik kam auch vom deutschen Auslandsseelsorger in Kairo, Joachim Schroedel. Er äußerte die Sorge, dass bei Merkels Treffen mit Ägyptens Machthaber al-Sisi „klare Rede und Ehrlichkeit auf der Strecke geblieben sein könnten“. (CiG, AKREF, CSI)