Bluttat erfolgte am dritten Jahrestag der großen Demonstrationen, die zur Absetzung des islamistischen ägyptischen Präsidenten Mursi führten.

Kairo – Trauer und Empörung in der weltweiten koptischen Gemeinschaft: In El Arish im nördlichen Sinai wurde am 30. Juni der Priester Rafael Moussa vor dem Eingang der Georgskirche von Terroristen erschossen. Die Terrororganisation „Daesh“ (IS) bekannte sich zu dem Verbrechen. Die Bluttat erfolgte am dritten Jahrestag der großen Demonstrationen, die zur Absetzung des islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi führten. In El Arish war bereits 2013 ein koptischer Priester erschossen worden.
Rafael Moussa wollte nach der Morgenandacht seinen Wagen in die Werkstatt bringen, als ein Terrorkommando ihn mit einem Kugelhagel direkt vor der Kirche niederstreckte. Der 46-jährige Priester war verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er war seit 2012 in der Georgspfarre in El Arish tätig und damals zugleich mit dem Priester Mina Aboud in die Küstenstadt am Mittelmeer gekommen. Aboud wurde im Juli 2013 ermordet.

Miserable Sicherheitslage

Die Sicherheitslage auf der Sinai-Halbinsel wird als sehr schlecht eingeschätzt. Die ägyptischen Sicherheitsbehörden haben weithin die Kontrolle über das Territorium verloren, in dem die dschihadistische Bewegung „Ansar Bayt als-Maqdis“ aktiv ist. In einer „Daesh“-Erklärung hieß es, der Priester sei ermordet worden, weil er „Krieg gegen den Islam“ habe führen wollen. Nach dieser Bluttat explodierte im zentralen Polizeirevier von El Arish eine Bombe, dabei wurde auch ein Polizist getötet und ein weiterer schwer verletzt.

Die koptisch-orthodoxe Kirchenleitung brachte gegenüber der Familie und der Pfarrgemeinde ihr Beileid zum Ausdruck. Wörtlich heißt es in der Erklärung: „Wir verurteilen alle terroristischen Akte, die das Heil der Nation bedrohen und die Einheit des Volkes zerstören wollen. Möge Gott Ägypten und seine Kinder vor allem Übel behüten“.

Der Ruf zur Einheit zwischen Christen und Muslimen ist der Schlüssel für die Haltung des koptisch-orthodoxen Papst-Patriarchen Tawadros II. gegenüber Präsident Abd-el-Fattah al-Sisi. Der Präsident hat einige von den Kopten hochgeschätzte Gesten gesetzt, so seine Besuche in der Markuskathedrale in Kairo und seine Kritik an extremistischen Tendenzen an der Al-Azhar-Universität.

Die Verantwortlichen der Al-Azhar-Universität haben die Ermordung von Rafael Moussa ebenfalls in scharfen Worten verurteilt. Es handle sich um eine „feige Untat“, die im Gegensatz zur „Lehre des Islam und aller Religionen“ stehe.

Al-Sisi:  “Religiöse Debatte” ohne Extremismus

Präsident al Sisi hat die Muslime erneut aufgefordert, gemeinsam den Terrorismus zu bekämpfen und eine “freie religiöse Debatte” zu führen. Die muslimische Welt befinde sich in einer sehr gefährlichen Phase und sehe sich mit ganz neuen Herausforderungen konfrontiert. Dies erfordere „gemeinsame Anstrengungen und die Überwindung von Differenzen“. Der Präsident äußerte sich in diesem Sinne in einer TV-Sendung anlässlich der „Laylat Al-Kadr“ (jener Nacht, in der Mohammed die Offenbarung empfangen haben soll Anm.). Insbesondere wandte sich al-Sisi in seinem Appell an die Vertreter der Al-Azhar-Universität mit der Bitte um ein “Nachdenken über die religiöse Debatte”, die von allen Faktoren befreit werden müsse, die das Verhalten in muslimischen Gemeinden negativ beeinflussen.
Es ist nicht das erste Mal, dass der ägyptische Präsident die muslimischen Autoritäten auf die Dringlichkeit einer energischen Bekämpfung des Fanatismus hinweist. In einer berühmten Ansprache an die Wissenschaftler der Al-Azhar-Universität hatte al-Sisi zum Beginn des Jahres 2015 erklärt, dass die muslimische Welt vom Rest der Welt nicht als “Quelle der Angst, der Gefahr, des Todes und der Zerstörung” betrachtet werden dürfe, weshalb die Anführer des Islam eine „religiöse Revolution“ anstoßen sollten, die den Fanatismus überwindet und durch eine „erleuchtete Weltanschauung“ ersetzt. (poi)